Gedenken an Judenverfolgung: Verantwortung für historisches Erbe
In der Pauritzer Straße, wo sich einst ein jüdischer Betsaal befand, versammelten sich am vergangenen Sonnabend mehr als 100 Bürgerinnen und Bürger, um an die Pogromnacht vom 9. November 1938 zu erinnern. Die Stadt Altenburg, der ökumenische Arbeitskreis und der Landkreis Altenburger Land hatten gemeinsam zu der Gedenkveranstaltung eingeladen.
Altenburgs Oberbürgermeister André Neumann sprach sich dafür aus, die Erinnerung an die Gräueltaten der Nazis wach zu halten. Es gehe nicht um das Tilgen von Schuld, sondern darum, die Verantwortung für das historische Erbe zu übernehmen. Das Stadtoberhaupt ermunterte die Anwesenden, im privaten Umfeld, sei es im Betrieb oder im Sportverein, zu widersprechen, wenn Nazivokabular gebraucht und Naziverbrechen relativiert würden. Er zitierte den Journalisten Wolfram Weidner, der gesagt hat: „In Diktaturen wird bestraft, wer den Mund aufmacht, in Demokratien, wer ihn nicht aufmacht.“
Landrat Uwe Melzer zeigte sich vom Ausmaß des gegenwärtigen Antisemitismus erschrocken. Und Pfarrer Konrad Köst warnte vor Vorurteilen und Verallgemeinerungen, weil sie den Nährboden für staatliche Diskriminierung von Minderheiten bildeten. Christian Repkewitz, der sich um die Erforschung jüdischen Lebens in Altenburg und im Landkreis Altenburger Land verdient gemacht hat, skizzierte die Biografie der Altenburgerin Margot Seiferth, eine Jüdin, die vor 80 Jahren aus Al-tenburg nach Auschwitz deportiert wurde, NS-Zwangsarbeit, KZ- sowie Ghettohaft überlebte und im Juni 1945 nach Altenburg zurückkehrte. Zwischen den Redebeiträgen trug der Schauspieler Manuel Struffolino das Gedicht „Wehret den Anfängen“ von Georg Kreisler vor.
Die Gedenkveranstaltung wurde vom Posaunenchor Altenburg musikalisch begleitet und endete mit Kranzniederlegungen an der Gedenktafel für den jüdischen Betsaal.